Wenn eine Lehrerin, eine Musicaldarstellerin und ein Jongleur einen Termin suchen, an dem sie alle zusammen frei haben und eine Reise unternehmen können, kann das ein Weilchen dauern – mitunter Jahre! So wie bei meiner Mutter, meinem Mann und mir. Mama soll doch endlich mal Stanislav’s Heimat sehen, wo er aufgewachsen ist, ein bisschen Ukraine einatmen. Gesagt, getan. Dieses Jahr an Ostern haben wir es tatsächlich geschafft und sitzen nun am letzten Abend unserer Reise mit Bäuchen voller Leckereien und Köpfen voller Eindrücken bei Babushka. Im Moment erzählt Babushka, ich übersetze für Mama, obwohl ich nur ein Achtel verstehe, Stanislav’s Bruder isst und isst, seine Tante und er sprechen über die Zirkusschule.
So fühlt es sich an, wenn man materiell gesehen jenseits von Comfort und Luxus lebt, bezüglich Familienzusammenhalt und Liebe aber alles hat. Jeder Euro, bzw. Griwna, muss zusammengehalten werden – trotzdem steht vor unseren Augen ein Festmahl à la Heinrich der achte. Wodka gibt es entgegen aller Klischees nicht, dafür Saft. Aus Plastikkelchen. Ist ohnehin besser, da braucht man sich keine Sorgen zu machen, dass einer kaputt geht. Gegessen wird von kleinen Tellern, Hauptmahl wie Dessert. Vorteil: Da man sich höchstens zwei Teller Hauptmahl nimmt, um nicht wie ein absoluter Fresssack dazustehen, passt der üppige Apfelkuchen mit Äpfeln aus Babushkas Datscha auch noch rein. Mama redet inzwischen selber mit Babushka auf einer Sprache, die nur die beiden verstehen. Zum Abschied drücke ich Babushka ganz fest, sie sagt ganz viele Dinge, die ich nicht verstehe. Aber das Wichtigste hab ich kapiert: Sie hat mich lieb und wird mich vermissen! Ich sie auch!


