Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Der gute, alte Goethe hat ja so recht.
Hier eine echte, peinliche, verboten lustige Story von der Niedersachsentournee für Luther – das Pop-Oratorium:
Wer mich kennt, weiß, dass ich Café liebe. Vor allem morgens. Mir sind Menschen suspekt, die um 07.30 Dinge sagen wie: „Einen Kamillentee, bitte!“ oder „Café, klein!“ Wenn ich Café höre denke ich an einen dicken, fetten Milchkaffee oder an zwei große, amerikanische Tassen voll von rehbraunem Genuss. War schon immer so, wird sich nie ändern. Jegliche Versuche wie: „Tee ist gesünder, probier doch mal Earl Grey, schmeckt fast wie Café, du weißt schon, dass Café ein Suchtmittel ist…“ sind kläglich gescheitert. Café ist der Grund, überhaupt morgens aufzustehen- vor allem, wenn man abends eine Show bis 23.00 ihr gespielt hat, in einem Hotel übernachtet und um 08.00 Uhr wieder auf Tour ist. Kurzum: Ich holte mir einen Café, den größten, den es gab. Da man aber auch viel trinken sollte, gerade bei einer längeren Fahrt, holte ich mir noch ein Wasser. Nach zwei Stunden im 9-er Bus waren die Getränke leer und meine Blase- voll! Meine Kollegin Kathleen saß am Steuer. „Kathleen, ich müsste mal!“ „Wat, echt jetze? Kiek mal, dit Navi sagt nur noch 28 Minuten, hältste dit aus?“ Ich dachte ich könnte. Meine Blase wurde von Minute zu Minute schwerer. Am Anfang witzelt man noch darüber, bekommt zahlreiche Tipps (z.B. „Du musst das Pipi hochziehen, dann verlagert sich das anders!“ Danke, Sophie!), aber irgendwann steht einem der kalte Schweiß auf der Stirn.
Das Navi zeigte immer noch 26 Minuten, obwohl wir mindestens 10 gefahren waren. „Kathleen, ich kann nicht mehr! Du musst bei der nächsten Möglichkeit raus!“ „Aber kiek ma, dit Navi….“ „Nein! Fahr bitte raus!“ Verzweifelt hielt ich Ausschau nach dem ersehnten Zeichen mit den zwei Menschen oder den zwei Buchstaben. Allerdings waren wir irgendwo in der Pampa kurz vor der Nordsee und wie der Teufel es will gab es- nichts! Keine Tankstelle, keinen Rasthof, nichts. Mir wurde schlecht und ich konnte nicht mehr sitzen. „Okay!“, stöhnte ich, „Fahr einfach an dem nächsten Wald rechts ran, ich setz mich in die Büsche!“ Schon mal ‘nen Wald an der Nordsee gesehen? Hm! „Da vorne, da können wa rechts ran!“, rief Kathleen. Da vorne??? Ich sah nur eine riesige Kreuzung mit Wiesen links und rechts. Wo in aller Welt sollte ich mich da hinsetzen? Kathleen setzte den Blinker und so taten es die anderen Lutherleute hinter uns auch. Ein weiterer Tourbus und ein Privatwagen standen an der Kreuzung. „Nein, fahrt weiter, Jette muss dringend Pipi!“, teilte Kathleen ihnen mit. Ich konnte weder lachen, noch weinen, beides würde meine Blase nicht überleben. „So“, sagte Kathleen, „Sophie und ich holen jetzt die Jacken und du machst da vorne Pipi!“ „Was??? Nie im Leben!“ „Doch, wir schützen dich ja! Da kiekt eh keiner!“ Nein, natürlich nicht, nur die vorbeifahrenden Autos. Sophie schnappte sich Bonita’s Jacke, die sich lautstark darüber beschwerte. Ich konnte das alles nicht glauben! „Können wir nicht wenigstens die Wiese runter gehen?“ „Nee, da is ein Bächlein, dit geht nicht!“ Ja, ein Bächlein hätte ich jetzt auch gerne. Sophie und Kathleen kringelten sich vor Lachen. „Komm Jette, mach, haben wa alles gesehen, ick bin ja sogar Krankenschwester!“ Na, wie beruhigend, Schwester Kathleen! Doch was tut man in der Not? Man klammert sich an jeden Strohhalm, und so – zog ich blank.
Auf einer Kreuzung. Irgendwo im Norden Deutschlands. Sophie schüttelte es so vor Lachen, dass sie die Jacke nicht halten konnte. „Sophie!!! Du sollst mich verdammt nochmal bedecken!“ „Mach ich ja!“, sagte sie und der Wind blies ihr die Jacke um die Ohren. Ein Auto fuhr vorbei, hupte. Der ganze Tourbus klebte an den Fenstern, kam um vor Lachen. „Okay, Leute, ich kann nicht! Echt, ich kann so nicht! Ich geh wieder rein!“ „Echt jetzt?“ „Ja, echt jetzt!“ Mein Pipi war so hoch im Körper wie es nur ging. Weigerte sich. Also Hose wieder hoch, zurück in den Bus. Wieder drin dachte ich erst, es würde gehen, der Schreck hätte alles verbessert. Aber falsch gedacht. Sobald der Motor brummte und wir wieder auf der Straße waren, kam der Druck zurück. So stark wie nie. Ich stütze mich mit den Händen ab, da ich nicht mehr sitzen könnte. Versuchte zu atmen, wusste aber nicht wohin. Der ganze Bauch schien belegt zu sein, war inzwischen so groß wie der von Lisa, die neben mir saß und im 5.Monat schwanger war. „Kathleen, du musst raus, egal wo!“ Gut 15 Minuten Fahrt vergingen noch, bevor Lisa schrie: „Tankstelle!!! Da war ein Schild! Tankstelle!“ „Ja, aber jetzt brauchen wa och nicht mehr, dit Navi sagt….“ „Fahr da raus!!!“ Dieses Gefühl, wenn deine Rettung naht, unbeschreiblich, ich hätte fast vor Glück geweint. Bonita lief in einem Affenzahn den Toilettenschlüssel holen, da ich mich dazu nicht mehr in der Lage sah! Mit letzter Kraft sperrte ich die Tür auf und wurde erlöst!!! Das längste Bächlein der Zeitgeschichte!Hallelujah!!!! Das hätte auch…. in die Hose gehen können!
Erste Tourregel: Geh IMMER zur Sicherheit aufs Klo!
Zweitens: Verlasse dich NIE auf die Minutenansage des Navis!
Drittens: Nimm dir immer so humorvolle und fantastische Kolleginnen mit wie meine Luthermädels!
Viertens: Der Café kann nichts dafür! Das war das Wasser Schuld! 😀